Neun Projekte wurden kürzlich oder werden aktuell am HoF bearbeitet, in denen Aspekte der Wissenschaftskommunikation eine Rolle spielen. Dieser Umstand wird genutzt, um das Thema als Metaprojekt zu bearbeiten. Die gesellschaftliche Situation ist durch eine abnehmende Komplexitätstoleranz in der Gesellschaft gekennzeichnet.
Da Wissenschaft komplex ist und sein muss, ergeben sich daraus Legitimationsprobleme für die Wissenschaft. Die Reaktionen seitens der Wissenschaft bewegen sich im Rahmen zweier Grundmuster: (a) Abschottung unter Berufung auf die eigene Autonomie und Ablehnung einer Orientierung an gesellschaftlich definierten Problemstellungen vs. (b) Eventisierung und Festivalisierung. Variante (b) ist ein Popularisierungsansatz, der Öffentlichkeitswirkungen herstellen kann. Variante (a) dürfte auf Dauer die Legitimationsprobleme der Wissenschaft verstärken. Wissenschaftskommunikation richtet sich, anders als die wissenschaftliche Kommunikation, an die Umwelt. Sie ist transakademisch. Sie übersetzt Forschungswissen zum einen in Verständlichkeit für Nichtwissenschaftler.innen, zum anderen in Anwendungskontexte. Solche Kommunikation soll Grenzen überbrücken, ohne diese aufzuheben.
Grundsätzlich gilt dabei: Welche Expertise zu welchem Zweck genutzt wird, bestimmen in jedem Falle die Nachfrager, nicht die Anbieter der Expertise. Um die Chance auf Expertise-Nutzung zu wahren, müssen die Expert.innen also solche Kommunikationsangebote unterbreiten, an die eine Praxis anschließen kann. Dazu sind Übersetzungsleistungen nötig, denn die Praxis kommuniziert nicht wissenschaftlich, sondern praktisch. Übersetzungen jeglicher Art wiederum sind nie verlustfrei zu haben.
Gegen eine Tendenz, Wissenschaftskommunikation vorrangig als Öffentlichkeitsarbeit zu verstehen, wird hier darunter dreierlei verstanden: Wissenstransfer, wissenschaftliche Beratung und Wissenschaft in der Medienöffentlichkeit. Herausgearbeitet werden die Mechanismen (1) der Übersetzbarkeit wissenschaftlichen Wissens in Handlungs- und Beratungswissen, (2) der Überbrückung der zeitlichen Entkopplung zwischen Wissen und Wissensbedarfen, (3) der Entwicklung niedrigschwelliger Kommunikationsformate. Dabei sind (4) die digitalen Kommunikationspotenziale mit ihren übersetzungsermöglichenden Mechanismen herauszuarbeiten.
Buchpublikationen und Forschungsberichte
Pasternack, Peer (Hg.) (2022): Wissenschaftskommunikation: neu sortiert, Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden, 378 S., ISBN: 978-3-658-39177-5 mehr...
Peer Pasternack / Andreas Beer: Die externe Kommunikation der Wissenschaft in der bisherigen Corona-Krise (2020/2021). Eine kommentierte Rekonstruktion (HoF-Arbeitsbericht 118), unt. Mitarb. von Justus Henke, Sophie Korthase und Philipp Rediger, Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg 2022, 79 S. ISBN 978-3-937573-83-0. mehr...
Ausgewählte Buchbeiträge und Zeitschriftenartikel
- Peer Pasternack: Wissenschaftskommunikation und Hochschullehre, in: Gabi Reinmann/Rüdiger Rhein (Hg.), Wissenschaftsdidaktik IV: Wissenschaftskommunikation, Transcript Verlag, Bielefeld 2024, S. 39–59.
- Peer Pasternack: Trivialfehler vermeiden. Ein niedrigschwelliger Ansatz zur Erleichterung von Wissenschaftskommunikation, in: Lukas Wieselberg/Stefan Vater (Hg.), Wissenschaftskommunikation. Die wechselseitige Durchdringung von Gesellschaft, Wissenschaft und Demokratie (=Magazin Erwachsenenbildung.at H. 52), S. 120–127.
- Peer Pasternack: Auch noch Wissenschaftskommunikation als Beruf?, in: Harald Mieg/Christiane Schnell/Rainer E. Zimmermann (Hg.), Wissenschaft als Beruf (Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2020), Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin 2021, S. 213–231. Download
- Andreas Beer / Peer Pasternack: Wissenschaft außerhalb der Komfortzone. Wissenschaftsbezogene Krisenkommunikation als Instrument der Qualitätssicherung, in: die hochschule 1/2019, S. 5-24. Download
- Andreas Beer/Peer Pasternack: Review: Zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Krisenkommunikation. Aktuelle Forschungsdebatten zur Wissenschaftskommunikation, in: Wissenschaftsmanagement 2/2019, S. 152-159. Download