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Was nicht im Netz ist, gibt‘s nicht – und gab es nicht. Dass daran durchaus etwas dran ist, bemerkt man als Internetnutzer anhand einer fortwährend zu machenden Doppelerfahrung: Aus der Zeit seit der Durchsetzung des Internets sind auch Tri­vialitäten von ge­ringster Bedeutsamkeit online auffindbar und beanspruchen da­mit eine Geltung als zumindest nicht völlig unerheblich. Aus der Zeit vor der Durch­setzung des In­ter­­nets hingegen verfügen auch bedeutende Institutionen und Ereignisse häufig über keine Online-Repräsentanz und werden dadurch im kul­turellen Gedächtnis marginalisiert. An­ders verhält sich dies nur dann, wenn frü­heren Institutionen und Ereignissen nachträg­lich und aktiv ein zweites Leben im Online-Modus organisiert wird. Das wird nun für die Wittenberger Universität Leucorea, 1502 gegründet und 1817 qua Vereinigung mit der Universität Halle aufgehoben, unternommen, indem sie eine Homepage erhält, wie sie für heu­tige Universitäten typisch ist. HoF verbindet da­bei seine universitäts­geschicht­lichen und seine wissenschaftskommunikativen Kompetenzen.

Die Webseite zur Universität können Sie hier ansteuern: https://www.uni-wittenberg.de/

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Workhop: Das Universitätssterben um 1800: strukturelle Bedingungen und kontingente Faktoren

Die Zeit um 1800 ist in unterschiedlichen Perspektiven als Umbruchsphase oder als Epochenwandel beschrieben worden. Vor dem Hintergrund der po- litischen, sozialen und kulturellen Veränderungen vollzogen sich auch tief- greifende Veränderungen der Universitätsstrukturen in Europa. Zahlreiche der 1789 existierenden 143 Universitäten wurden geschlossen, verlegt oder mit anderen Universitätsstandorten vereinigt. Allein 19 der 35 deutschen Universitäten wurden aufgelöst – unter anderem Wittenberg. In der Forschungsliteratur zum Universitätssterben in den deutschen Staa- ten werden dafür vor allem fünf wesentliche Gründe angeführt: mangelnde Leistungsfähigkeit; Verweigerung von modernisierenden Innovationen durch die Universitäten; Angebotsübersättigung mit der Folge einer Fre- quenzkrise; eingeschränkte Finanzierungsmöglichkeiten der Landesfürsten, schließlich die Kriegs- und Krisensituation Anfang des 19. Jahrhunderts. Allerdings bestanden im Verlaufe des Vierteljahrhunderts bis 1818 sehr un- terschiedliche Umfeldsituationen. So waren die territorialen Bedingungen, unter denen die Universitäten existierten bzw. aufgehoben wurden, uneinheitlich. Zwar wurden vornehmlich kleinere Universitäten geschlossen, doch andere mit gleichfalls sehr niedrigen Immatrikulationszahlen überlebten gleichwohl. Zeitweilig gefährdet waren aber auch an sich prosperierende Universitäten. Zudem verfügten die aufgehobenen Universitäten über diffe- renzierte interne Potenzen.

Der am 21./22. April 2023 gemeinsam mit der Reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek Wittenberg (RFB) veranstaltete Workshop widmete sich der Prüfung, inwiefern die Annahme überwiegend einheitlicher oder ähnlicher Ursachen für das Universitätssterben in den deutschen Ländern haltbar ist. Dazu führte er seit langem zum Thema arbeitende Autor.innen mit jüngeren Forscher.innen, die an entsprechenden Dissertationen arbei- ten oder solche unlängst vorgelegt haben, zusammen. Großflächige Über- blicke lieferten die Beiträge „Universitätsschließungen im europäischen Vergleich“ (Stefan Gerber, Universitätsarchiv Jena) und „Universitäts-Kritik. Zum Diskurs über die ‚Aufhebung der Universitäten‘ zwischen Spätaufklärung und Vormärz“ (Marian Füssel, Universität Göttingen). Als Prüffälle wurden verhandelt „Die Schließung der Alten Universität von Köln 1798 durch die französische Besatzungsmacht“ (Tanja Kilzer, Universi- tät zu Köln/Universität Siegen), die „Existenzkrise und Fortbestand der Universität Freiburg um 1800“ (Sandra Haas, Universität Freiburg), „Die Schließung der Universität Rinteln 1810“ (Stefan Brüdermann, Niedersächsisches Landesarchiv), „Die bayerische Universitätspolitik an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert – das Schicksal der Theologischen Fakultät Bamberg als Beispiel“ (Regina Meyer, Katholische Universität Eichstätt) sowie „Ursachen des Universitätssterbens um 1800 in Frankreich und Deutschland“ (Soonim SHIN). Matthias Meinhardt (RFB) und Peer Pasternack (HoF) als Organisa- toren leiteten ein und aus und moderierten die Veranstaltung.

Buchpublikationen und Forschungsberichte

Peer Pasternack: Nicht nur Resteverwertung. Die Verwendungen der Wittenberger Universitätsfundation nach 1817 (HoF-Arbeitsbericht 120), Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg 2022, 143 S. ISSN 1436-3550. ISBN 978-3-937573-87-8 mehr...

Peer Pasternack / Daniel Watermann: www.uni-wittenberg.de. Begleitheft zur Web­­site, Institut für Hochschulforschung (HoF), Halle-Wittenberg 2020, 28 S. mehr...

Artikel

Peer Pasternack / Daniel Watermann: Verstreut: Die Überlieferungssituation aus und zur Universität Wittenberg. Auffindbarkeit und Zugänge, in: Sachsen und Anhalt. Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt 2022, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale), S. 211–248