die hochschule 1/2013: Berufsfelder im Professionalisierungsprozess. Geschlechtsspezifische Chancen und Risiken

Die Soziale Arbeit, die Betreuung von Klein­kindern und die Geburts­hilfe durch Hebammen und Geburts­helfer sind Tätig­keits­felder, die eines gemein haben: Sie sind Gegen­stand von Be­mühungen um eine Pro­fes­sionalisierung. Im Zen­trum der Pro­fes­sionalisierungs­bemühungen steht die Etablierung neuer Studien­an­gebote. Diese zielt nicht nur auf eine Qualitäts­steigerungen in der beruflichen Praxis, sondern ver­folgt zwei weitere Ziele: eine Attraktivierung der je­weiligen Berufe für potentielle Berufs­ein­steiger/in¬nen und die Status­verbes­serungen für die im je­weiligen Feld Tätigen.

In einer ganzen Reihe von Feldern, die sich derzeit in Pro­fes­sionalisierungs­prozes­sen befinden, arbeiten ganz überwiegend Frauen. Aus Gründen der Geschlechter­gerechtig­keit, aber auch im Hin­blick auf die Präsenz männ­licher Rollen­vor­bilder in pädagogischen Berufen gilt eine stärkere geschlecht­liche Durch­mischung einstiger ‚Frauen­berufe‘ allgemein als wünschens­wert. Auch dieses Ziel soll auf dem Wege der Status­ver­besserung er­reicht werden: Für Männer werden ‚Frauen­be­rufe‘, so die gängige Ein­schätzung, vor allem dann inter­es­sant, wenn Berufs­prestige, Ge­halt und Auf­stiegs­chancen eine Steigerung er­fahren.

Hier drohen jedoch Ziel­konflikte. Mit Pro­fes­sionalisierungs­prozessen ver­binden sich typischer­weise auch geschlechts­spezifische Schließungs- bzw. Marginalisierungs­prozesse: Die neu ent­stehenden beruflichen Chancen werden tendenziell eher von Männern als von Frauen in berufliche Karrieren um­gemünzt; in­folge geschlechts­spezifischer Schließungs­mechanismen be­setzten Männer über­proportional die Führungs­positionen, während die Kern­tätig­keiten – im Fall des früh­pädagogischen Berufs­felds etwa die un­mit­tel­bare Arbeit mit Klein­kindern – von Frauen aus­geübt werden.

Das Studium von Pro­fes­sionalisierungs­prozes­sen der jüngeren und ferneren Ver­gangen­heit hält für die Bewältigung dieser Problem­lage wichtige Lehren bereit. Die Autorinnen und Autoren des Themen­schwer­punkts behandeln die geschlechts­spezifischen Aus­wirkungen aus­gewählter Pro­fes­sionalisierungs­prozes­se auf unter­schiedlichsten Berufs­feldern. Sie stellen den Wandel von Arbeits­feldern im Zuge von Profes­sionalisierungs­prozes­sen dar, arbeiten Faktoren heraus, die einen Wandel in der Geschlechter­ordnung des je­weiligen Felds be­günstigten oder hemmten und erörtern mögliche Inter­ventions­maßnahmen, mit denen geschlechts­spezifischen Hierarchie­differenzierungen etwas ent­gegen­ge­setzt werden kann.

Inhalt

  • BERUTSFELDER IM PROFESSIONALISIERUNGSPROZESS. GESCHLECHTSSPEZIFISCHE CHANCEN UND RISIKEN
    Jens Gillessen; Johannes Keil; Peer Pasternack
    Professionalisierungsprozesse und Geschlecht. Zur Einleitung
    Birgit Geissler
    Professionalisierung und Profession. Zum Wandel klientenbezogener Berufe im Übergang zur post-industriellen Gesellschaft
    Marita Metz-Becker
    Hebammen und medizinische Geburtshilfe im 18./19. Jahrhundert
    Eva-Maria Krampe
    Krankenpflege im Professionalisierungsprozess. Entfeminisierung durch Akademisierung?
    Peer Pasternack
    Von der Kryptoprofessionalisierung zur Teilakademisierung. Frühpädagogische Berufsfeldentwicklungen
    Tim Rohrmann
    Mehr Männer in Kitas. Re-Stereotypisierung oder Chance für Geschlechtergerechtigkeit?
    Johannes Keil
    Professionsverständnisse in der Frühpädagogik. Genderspezifische Konsequenzen der bisherigen Teilakademisierung
    Margrit Brückner
    Professionalisierung und Geschlecht im Berufsfeld Soziale Arbeit
    Kim-Patrick Sabla
    Professionalisierung und Geschlecht in der Kinder- und Jugendhilfe. Die Verberuflichung des Alltäglichen?
    Susanne Ihsen
    Zur Professionalisierung des Ingenieurberufs in Deutschland. Technik ist männlich?
    Bernd Thomas
    Von der Exotik zur Dominanz. Frauen und Männer im Lehramt für die Grundschule
    Wiebke Bobeth-Neumann
    „Ihr dürft nicht verbissen sein“. Professionalisierung angehender Schulleiterinnen und -leiter und geschlechtsspezifische Hierarchisierung
    Manfred Stock
    Hochschulentwicklung und Akademisierung beruflicher Rollen. Das Beispiel der pädagogischen Berufe
  • FORUM
    Tobias Sander; Jan Weckwerth
    Der soziologische Kompetenzbegriff und seine Konsequenzen für eine echte Kompetenzentwicklung an Hochschulen
  • PUBLIKATIONEN
    Peer Pasternack; Daniel Hechler
    Bibliografie: Wissenschaft & Hochschulen in Ostdeutschland seit 1945

 

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Die Zeitschrift erscheint zweimal im Jahr; das Einzelheft kostet 17,50 Euro, das Abonnement 34,- Euro (für PrivatabonnentInnen 19,- Euro).

Zitation

Jens Gillessen / Johannes Keil / Peer Pasternack (Hrsg.) (2013): Berufsfelder im Professionalisierungsprozess. Geschlechtsspezifische Chancen und Risiken (= die hochschule 1/2013), Institut für Hochschulforschung (HoF), Halle-Wittenberg, € 17,50

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