Die Soziale Arbeit, die Betreuung von Kleinkindern und die Geburtshilfe durch Hebammen und Geburtshelfer sind Tätigkeitsfelder, die eines gemein haben: Sie sind Gegenstand von Bemühungen um eine Professionalisierung. Im Zentrum der Professionalisierungsbemühungen steht die Etablierung neuer Studienangebote. Diese zielt nicht nur auf eine Qualitätssteigerungen in der beruflichen Praxis, sondern verfolgt zwei weitere Ziele: eine Attraktivierung der jeweiligen Berufe für potentielle Berufseinsteiger/in¬nen und die Statusverbesserungen für die im jeweiligen Feld Tätigen.
In einer ganzen Reihe von Feldern, die sich derzeit in Professionalisierungsprozessen befinden, arbeiten ganz überwiegend Frauen. Aus Gründen der Geschlechtergerechtigkeit, aber auch im Hinblick auf die Präsenz männlicher Rollenvorbilder in pädagogischen Berufen gilt eine stärkere geschlechtliche Durchmischung einstiger ‚Frauenberufe‘ allgemein als wünschenswert. Auch dieses Ziel soll auf dem Wege der Statusverbesserung erreicht werden: Für Männer werden ‚Frauenberufe‘, so die gängige Einschätzung, vor allem dann interessant, wenn Berufsprestige, Gehalt und Aufstiegschancen eine Steigerung erfahren.
Hier drohen jedoch Zielkonflikte. Mit Professionalisierungsprozessen verbinden sich typischerweise auch geschlechtsspezifische Schließungs- bzw. Marginalisierungsprozesse: Die neu entstehenden beruflichen Chancen werden tendenziell eher von Männern als von Frauen in berufliche Karrieren umgemünzt; infolge geschlechtsspezifischer Schließungsmechanismen besetzten Männer überproportional die Führungspositionen, während die Kerntätigkeiten – im Fall des frühpädagogischen Berufsfelds etwa die unmittelbare Arbeit mit Kleinkindern – von Frauen ausgeübt werden.
Das Studium von Professionalisierungsprozessen der jüngeren und ferneren Vergangenheit hält für die Bewältigung dieser Problemlage wichtige Lehren bereit. Die Autorinnen und Autoren des Themenschwerpunkts behandeln die geschlechtsspezifischen Auswirkungen ausgewählter Professionalisierungsprozesse auf unterschiedlichsten Berufsfeldern. Sie stellen den Wandel von Arbeitsfeldern im Zuge von Professionalisierungsprozessen dar, arbeiten Faktoren heraus, die einen Wandel in der Geschlechterordnung des jeweiligen Felds begünstigten oder hemmten und erörtern mögliche Interventionsmaßnahmen, mit denen geschlechtsspezifischen Hierarchiedifferenzierungen etwas entgegengesetzt werden kann.
Inhalt
- BERUTSFELDER IM PROFESSIONALISIERUNGSPROZESS. GESCHLECHTSSPEZIFISCHE CHANCEN UND RISIKEN
Jens Gillessen; Johannes Keil; Peer Pasternack
Professionalisierungsprozesse und Geschlecht. Zur Einleitung
Birgit Geissler
Professionalisierung und Profession. Zum Wandel klientenbezogener Berufe im Übergang zur post-industriellen Gesellschaft
Marita Metz-Becker
Hebammen und medizinische Geburtshilfe im 18./19. Jahrhundert
Eva-Maria Krampe
Krankenpflege im Professionalisierungsprozess. Entfeminisierung durch Akademisierung?
Peer Pasternack
Von der Kryptoprofessionalisierung zur Teilakademisierung. Frühpädagogische Berufsfeldentwicklungen
Tim Rohrmann
Mehr Männer in Kitas. Re-Stereotypisierung oder Chance für Geschlechtergerechtigkeit?
Johannes Keil
Professionsverständnisse in der Frühpädagogik. Genderspezifische Konsequenzen der bisherigen Teilakademisierung
Margrit Brückner
Professionalisierung und Geschlecht im Berufsfeld Soziale Arbeit
Kim-Patrick Sabla
Professionalisierung und Geschlecht in der Kinder- und Jugendhilfe. Die Verberuflichung des Alltäglichen?
Susanne Ihsen
Zur Professionalisierung des Ingenieurberufs in Deutschland. Technik ist männlich?
Bernd Thomas
Von der Exotik zur Dominanz. Frauen und Männer im Lehramt für die Grundschule
Wiebke Bobeth-Neumann
„Ihr dürft nicht verbissen sein“. Professionalisierung angehender Schulleiterinnen und -leiter und geschlechtsspezifische Hierarchisierung
Manfred Stock
Hochschulentwicklung und Akademisierung beruflicher Rollen. Das Beispiel der pädagogischen Berufe
- FORUM
Tobias Sander; Jan Weckwerth
Der soziologische Kompetenzbegriff und seine Konsequenzen für eine echte Kompetenzentwicklung an Hochschulen
- PUBLIKATIONEN
Peer Pasternack; Daniel Hechler
Bibliografie: Wissenschaft & Hochschulen in Ostdeutschland seit 1945
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Institut für Hochschulforschung (HoF)
Vertrieb “die hochschule”
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Die Zeitschrift erscheint zweimal im Jahr; das Einzelheft kostet 17,50 Euro, das Abonnement 34,- Euro (für PrivatabonnentInnen 19,- Euro).
Zitation
Jens Gillessen / Johannes Keil / Peer Pasternack (Hrsg.) (2013): Berufsfelder im Professionalisierungsprozess. Geschlechtsspezifische Chancen und Risiken (= die hochschule 1/2013), Institut für Hochschulforschung (HoF), Halle-Wittenberg, € 17,50
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