Nach 1945 wurde das deutsche Hochschulwesen von einer Reformdebatte um die soziale Öffnung der Universität und ihr Verhältnis zur staatlichen Aufsicht ergriffen, deren Fortgang in Ost- und
Westdeutschland unter dem Einfluss der Besatzungsmächte und zonaler bzw. lokaler Funktionsträger radikal unterschiedliche Entwicklungen nach sich zog. Das ostdeutsche Hochschulwesen wurde dabei phasenweise zentralisiert und mit Parteistrukturen durchsetzt, um durch verordnete Reformen eine sozialistische Intelligenz und Wissenschaft im Rahmen der Planwirtschaft zu schaffen. In den dezentral verwalteten westdeutschen Hochschulen kam es dagegen trotz des Drucks der Öffentlichkeit zu einer Verschleppung von Reformplänen und zu einer teilweisen Restauration der Verhältnisse vor 1933.
Im Dissertationsprojekt werden diese Prozesse aus der Sicht einerseits zweier Universitäten und andererseits ihrer übergeordneten staatlichen Behörden nachgezeichnet, damit zugleich die doppelte deutsche Nachkriegsgeschichte in den Blick nehmend. Dafür wird das Wesen der Universität als Korporation in der Gesellschaft und die allgemeine Hochschul- bzw. Besatzungspolitik in Deutschland beschrieben. Zudem werden die Begebenheiten und Ereignisse an den Beispieluniversitäten zunächst bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten und anschließend bis 1958 untersucht. Dabei wird insbesondere die Haltung aller beteiligten Akteure zur Hochschulpolitik und ihr Verhältnis untereinander beleuchtet.