Bilanzworkshop – Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung von Frauenförderprogrammen in Sachsen-Anhalt durch HoF Wittenberg

Am 9.11.2004 veranstaltete HoF Wittenberg in Kooperation mit dem Kultusministerium Sachsen-Anhalt in Magdeburg einen Bilanzworkshop zum Thema „Frauenförderung an Hochschulen: Rückenwind oder warme Luft?“. Im Mittelpunkt standen die Ergebnisse der vom Kultusministerium finanzierten zweieinhalbjährigen wissenschaftlichen Begleitung von Landesprogrammen zur Förderung von Frauen im Hochschulbereich. Konkret ging es um die an Universitäten angesiedelten „Forschungsstipendien zur Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses im Land Sachsen-Anhalt“ und das ebenfalls auf Stipendien setzende Programm „Förderung der Berufungsfähigkeit von Frauen an Fachhochschulen im Land Sachsen-Anhalt“. Zu den 35 Teilnehmer/-innen zählten – neben dem Kultusministerium als Programmträger und Gastgeber des Workshops – das Sozialministerium, Vertreter/-innen von Hochschulleitungen, Gleichstellungsbeauftragte, Personalräte, das Center of Excellence Women and Science (CEWS), interessierte Hochschulangehörige und nicht zuletzt zahlreiche Stipendiatinnen der vergangenen und laufenden Förderperiode. Für die Organisation und Moderation zeichnete Dr. Anke Burkhardt vom HoF – unterstützt von der Studentin Peggy Trautwein – verantwortlich.
In seiner Begrüßungsansprache verdeutlichte Peter Hinrichs vom Kultusministerium an Hand des bereitgestellten Mittelvolumens die hohe Wertigkeit der Gleichstellungsförderung für die Landeshochschulpolitik. Er gab der Hoffnung Ausdruck, dass es auch nach dem Auslaufen des von Bund und Ländern getragenen Hochschul- und Wissenschaftsprogramms (HWP) im Jahr 2006 gelingen möge, die Programme trotz angespannter Haushaltslage fortzusetzen. Dr. Kristin Körner, die von Seiten des Sozialministeriums maßgeblichen Anteil an der Programminitiierung hatte, zog angesichts von insgesamt 150 geförderten Wissenschaftlerinnen (einschließlich Vorläuferprogramme) und steigender Bewerberinnenanzahl eine positive Bilanz und plädierte dafür, dass auch die vom Land geplante Excellenzförderung eine gleichstellungspolitische Ausrichtung mit verbindlicher Mittelzuschreibung erfährt. In der Diskussion hob Prof. Dr. Reinhard Neubert, Prorektor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, mit Verweis auf Stellenreduzierungen im Zuge der Hochschulstrukturreform den generellen Bedeutungszuwachs von Post doc -Förderprogrammen hervor.
Im Anschluss stellte die Projektleiterin, Dr. Uta Schlegel, die Befunde der wissenschaftlichen Begleitung vor. Die zu Beginn und Ende der Förderung geführten Interviews mit den Stipendiatinnen hatten zum einen ein hohes Maß an Wertschätzung der Förderung erkennen lassen, zum anderen zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Erhöhung der Zieladäquatheit der Maßnahmen aufgezeigt. Zur Diskussion standen die aus der Untersuchung abgeleiteten Empfehlungen für die zukünftige Programmgestaltung, die den Teilnehmer/-innen vorab schriftlich zur Verfügung gestellt worden waren. Erfahrungsberichte ehemaliger Stipendiatinnen (Jutta Jahn, Prof. Dr. Christine Rademacher, Ute Rohbock) bestätigten, dass Verbesserungsbedarf schwerpunktmäßig im Hinblick auf die Planungssicherheit (einschließlich Verlängerungszusagen), die Dauer der Förderung, die Flexibilisierung der sensiblen Abschlussphase, den Status und die Hochschulintegration der Stipendiatinnen, die Berücksichtigung der besonderen Situation von Frauen mit Kindern und zusätzliche berufs- und karriererelevante Qualifizierungsangebote (z.B. Hochschuldidaktik, Drittmittelakquise, Haushalts- und Arbeitsrecht, Präsentationstechniken, Bewerbungstraining) besteht. Aus dem Kreis derzeitiger Stipendiatinnen wurde darüber hinaus die Bildung eines Netzwerks und die Organisation eines Coachings angeregt. Ramona Myrrhe von der Koordinierungsstelle für Frauen- und Geschlechterforschung in Sachsen-Anhalt griff diese Idee spontan auf und sagte eine entsprechende Initiative zu. Auf Interesse stieß der Vorschlag von Dr. Andrea Löther (CEWS), dem Programm einen Namen zu geben, um die öffentliche Wahrnehmung und die Identifizierung der Geförderten mit dem Programm zu steigern. Dem steht nach Erfahrung von Uta Schlegel entgegen, dass grade in den neuen Bundesländern Vorbehalte gegen gesonderte Frauenfördermaßnahmen bestehen, so dass es ggf. zu Akzeptanzproblemen kommen könnte. Schon jetzt werde der Anspruch, insbesondere Wissenschaftlerinnen aus Sachsen-Anhalt für Sachsen-Anhalt zu gewinnen, nur bedingt eingelöst.
Die Statements der beiden Vergabekommissionen zielten in erster Linie auf die Steigerung der Wirksamkeit innerhalb des gesetzten finanziellen Rahmens, obwohl nach Aussage von Prof. Dr. Volker Linneweber, der als Vorsitzender für den universitären Bereich zuständig ist, angesichts der inzwischen weit über den möglichen Bewilligungen liegenden Bewerberinnenanzahl eine Aufstockung wünschenswert wäre. Frau Prof. Dr. Maria Nühlen, Mitglied der Vergabekommission für die Fachhochschulen, verwies auf Mängel hinsichtlich der „Passfähigkeit“ der Bewerberinnen und der Aussagekraft der eingereichten Unterlagen. Hier könne eine Überarbeitung des Ausschreibungsverfahrens Abhilfe schaffen. Ausbaufähig sei der Informationsaustausch zwischen den Hochschulen und deren Bereitschaft zur Integration der Stipendiatinnen. Empfohlen wurde die Nachweisführung über den Arbeitsfortschritt und die Einbeziehung der Vergabekommissionen in Berufungsverfahren. Einig war man sich darin, dass im Interesse der Effektivierung der Förderung Informationen über den beruflichen Verbleib der Stipendiatinnen dringend erforderlich wären.
Der Workshop endete mit einem herzlichen Dank der Stipendiatinnen für die vom Land Sachsen-Anhalt gebotene Chance, die für eine Karriere im Hochschulbereich erforderliche Qualifikation zu erwerben. Die Ergebnisse der Diskussion werden in den Projektabschlussbericht einfließen, der Anfang 2005 in der Reihe „HoF-Arbeitsberichte“ publiziert werden soll.
Der Dank der Veranstalterinnen gilt der Sparkasse Wittenberg, deren finanzielle Unterstützung eine ansprechende Gestaltung des Workshops ermöglichte.