Als Abschluss der von 2016 bis 2019 erarbeiteten Dokumentationen zum konfessionellen Bildungswesen in der DDR ist nun ein Handbuch erschienen, das alle Bildungsbereiche präsentiert: von der Elementarbildung bis zur Erwachsenenbildung incl. Mediensystem. Vorgestellt werden insgesamt 1.432 Einrichtungen und Bildungsformen, die in den Jahren 1945 bis 1989 in der SBZ/DDR bestanden hatten. Damit konnte nun eine bestehende Lücke in der Dokumentation der DDR-Bildungsgeschichte geschlossen werden.
Zum Projekt gibt es auch eine eigene Website. Sie stellt das Projekt vor und dient dazu, weitere relevante Informationen zu Einrichtungen und Hinweise auf Literatur zu erlangen, Kommentierungen zu ermöglichen sowie Zeitzeugenerinnerungen zu erschließen.
Zu den Erstaunlichkeiten der DDR gehörte der Umstand, dass es neben dem „einheitlichen sozialistischen Bildungssystem“ ein vielfältiges konfessionell bzw. kirchlich gebundenes Bildungswesen gab. Dieses reichte von Kindergärten, Schulen und Konvikten über Vorseminare, Berufsausbildungen, Fort- und Weiterbildung oder kirchlichen Hochschulen bis zu Bildungshäusern, Evangelischen Akademien, Filmdiensten, Kunstdiensten und einem ausdifferenzierten Mediensystem. Das Handbuch stellt sie im einzelnen vor:
- 287 konfessionelle Bildungs- und Forschungsinstitutionen im engeren Sinne, d.h. mit eigenem Haus und eigenem Bildungs- bzw. Ausbildungsprogramm; davon befanden sich 271 in der Trägerschaft von Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften und 16 in staatlicher bzw. CDU-Trägerschaft;
- 42 Bildungsformen ohne ‚eigenes Haus‘ – also z.B. Bibelfernkurse, Aus- und Weiterbildungen, die von den o.g. Institutionen verantwortet wurden, Kirchlicher Fernunterricht oder Kirchentagsarbeit;
- 51 wissenschaftlich-theologische, kirchlich-theologische bzw. gesellschaftspolitische Arbeitsgemeinschaften, Kommissionen, Studienkreise und Verbände.
Diese summieren sich auf 378 Institutionen bzw. Arbeitsformen und werden im Handbuch jeweils einzeln vorgestellt. Hinzu treten zahlreiche konfessionelle bzw. kirchliche Einrichtungen und Strukturen, die summarisch vorgestellt werden:
- 469 Kindergärten und 152 Kinderheime
- 89 vordiakonische Kurse, Aspiranturen und Praktikanturen
- diverse Ausbildungsformen für sechs Verwaltungsberufe (mittlerer Dienst)
- 35 Evangelische und 28 Katholische Studentengemeinden
- 24 unselbstständige wissenschaftliche Bibliotheken in Ausbildungsstätten
- zehn wissenschaftliche Fachzeitschriften
- 48 evangelische, 23 katholische sowie zwölf freikirchliche Bildungshäuser und Rüstzeitheime
- 60 evangelische Buchhandlungen
- 44 konfessionelle Pressetitel
- aus Vollständigkeitsgründen werden auch die Strukturen der DDR-CDU genannt: acht Pressetitel, zwei Verlage und ca. 30 Buchhandlungen in CDU-Trägerschaft und sieben Parteischulen
- zudem sechs staatlich veranlasste konfessionelle Zeitschriften
Dieses zweite Segment summiert sich auf rund 1.000 Einrichtungen, Arbeitsformen und Medien. Ebenso summarisch behandelt werden einige weitere, die sich zwar quantitativ nicht beziffern lassen, aber nicht unterschlagen werden dürfen:
- Einrichtungen, die sich der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit kognitiver Einschränkung widmeten
- Weiterbildungen im Kindergartenbereich
- die gemeindliche Kinder- und Jugendarbeit
- der Religionsunterricht in den Gemeinden, also Christenlehre bzw. Katechese
- die Offene (Jugend-)Arbeit
- kirchenmusikalische C-Ausbildungen auf Kirchenkreisebene
- Gemeindeseminare sowie
- Hauskreise
Teils waren diese Einrichtungen und Arbeitsformen erst im Laufe der DDR-Existenz gegründet, z.T. während der DDR-Jahre geschlossen oder fusioniert worden. Im Kernsegment hatte es im DDR-Gründungsjahr 1949 141 konfessionelle Einrichtungen, Bildungsformen und Arbeitskreise gegeben, im Jahre 1989 waren es 205. Damit hatte das konfessionell gebundene Bildungswesens über die vier DDR-Jahrzehnte hin gegen alle staatlichen Widerstände ein Wachstum um 45 Prozent realisiert.
Zitation
Uwe Grelak/Peer Pasternack: Parallelwelt. Konfessionelles Bildungswesen in der DDR. Handbuch, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2019, 700 S.
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