Bildung und Tradition am Melanchthon-Gymnasium - der ersten "Hohen Schul" zu Wittenberg

Der große Namenspatron unserer Schule wünschte sich für seine Stadt - und sicher auch darüber hinaus - Menschen mit Tugenden wie Besonnenheit und Klugheit als Ergebnis guter Bildung und Erziehung. Beides kann auch heute für eine Schule Maxime sein und die Ausstellung belegt das Bemühen darum.

Die Geschichte des Melanchthon-Gymnasiums reicht bis in das Jahr 1371 zurück: Gemeint ist die Stadtschule Wittenbergs, die am Kirchgässchen als Lateinschule ihren Platz fand. Nach der Gründung der Leucorea (1502) durch Kurfürst Friedrich den Weisen kam es zu einem Aufschwung des allgemeinen Bildungswesens. Das Jahr 1522 schließlich war das eigentliche Gründungsjahr unserer Schule im Sinne der Reformation, "die Philipp Melanchthon in seine besondere Pflege nahm". Im Rahmen des 200-jährigen Bestehens der Universität wurde die Schule später als 'Lyceum' betitelt. Während des Siebenjährigen Krieges (1756 - 1763) diente es als Lazarett. Seit 1827 trug die "Hohe Schul" zusätzlich die Bezeichnung 'Königliches Gymnasium' und wurde 1919 in 'Staatliches Melanchthon-Gymnasium' umbenannt.

Zu einer Grundsteinlegung für den Neubau des Gymnasiums in der Neustraße/Lutherstraße kam es am 21.08.1886. Ein gutes Jahr später, am 10.01.1888 wurde das neue Gebäude mit drei Stockwerken, einer Hausmeisterwohnung, einer Turnhalle dann feierlich eingeweiht. Zu einer echten Innovation kam es 1924, als nämlich von staatlicher Seite festgestellt wurde: "Das Staatliche Melanchthon-Gymnasium ist eine 9 Klassen umfassende höhere Lehranstalt für die männliche Jugend, zu der auch mit ministerieller Erlaubnis Mädchen zugelassen werden".

Nach dem Krieg wurde bereits 1945/46 die Schule als 'Aufbauschule' mit Sonderkursen zum Abitur unter Leitung von Prof. Heubner wiedereröffnet. Volksschulkurse unter Dr. Kroemer fanden statt, ein Lehrerausbildungsseminar existierte ebenfalls für einige Monate. In der DDR wurde das Gymnasium als 'Melanchthon-Oberschule' (MOS) und als erweiterte Oberschule 'Philipp Melanchthon' (EOS) benannt. Seit 1991 heißt unsere Schule wieder 'Melanchthon-Gymnasium'. Im selben Jahr wurde Melanchthons Gedanke "cum animos ad fontes contulerimus, Christum sapere incipimus" in den Sockel im Foyer des Hauses zurückgebracht. Die Schüler verstehen Sätze wie diesen, weil im Fächerangebot ausreichend Latein und Griechisch gelehrt wird.

Dabei ist Traditionspflege prinzipiell als fester Bestandteil des derzeitigen Schullebens zu sehen. So gibt es seit 1991 wieder ein äußerst aktives Schultheater, was Kostüme, Programmzettel und Rezensionen in unserem Ausstellungsteil belegen - und ebenso verhält es sich bei den Chorauftritten und der Vielfalt anderer künstlerischer Arbeiten.

Naturwissenschaftlichen Kenntnissen verpflichtet sind Zeugnisse der Arbeiten von Wissenschaftlern, die mit der Schule in Verbindung stehen und deren Lebenswege in der Ausstellung dokumentiert werden: Friedrich Brandt, Johann Gottfried Galle, Ernst Florens Friedrich Chladni sind Beispiele hierfür. Weit getragen wurde der Ruf der Schule ebenfalls durch Persönlichkeiten wie Dr. Erwin Wickert, Prof. Dr. Helmut Kraatz und Richard Wiener.

Dabei wird im schulischen Alltag immer wieder besonderes Augenmerk gelegt auf die Lernmotivation der Schüler, was sich auch mit "Besonderen Lernleistungen" und Projektarbeiten belegen lässt, die in dem Ausstellungskapitel adäquat gewürdigt werden.

Dass Bildung schließlich stets in enger Verbindung zur Erziehung steht, kann mit der Neugründung der Schulruderriege 'Vitebergia' gezeigt werden. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts konnte die Schule der Stadt an der Elbe auf eine beachtliche Ruderertradition zurückblicken. Dabei kam dieser Sportart stets besondere Bedeutung in Wittenberg zu. Steigende Mitgliederzahlen, Aktivitäten in den entstehenden Bootshäusern in Verbindung mit Vereinsleben verschiedenster Art, sind Zeugnisse dieser Tradition. Am 12. August 1995 wurde die Schulruderriege wieder gegründet, seitdem belegen die Wettkämpfe und Fahrten der Gymnasien die aktive Ausübung und auch die Freude an dieser Sportart.

Derzeit lernen 793 Schülerinnen und Schüler in 2 Gebäuden und werden von 64 Lehrkräften gebildet und erzogen. Die große Schulgemeinde eint nach wie vor auch die Überzeugung, dass es heute besonders wichtig ist, jeden auf seinen Weg zu bringen, was als ergänzender Leitspruch - auch vorausschauend - interpretiert und angewendet wird.

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