Zielvereinbarungen im Spiegel der Landeshochschulgesetze

1. Hochschulpolitischer
 Hintergrund
2. Synopse gesetzlicher
 Regelungen der Länder 
3. Zum Aufbau 
der Dokumentation

Anke Burkhardt; Gunter Quaißer

HoF Wittenberg im Januar 2005

Zielvereinbarungen im Spiegel von Landeshochschulgesetzen

1. Hochschulpolitischer Hintergrund

Ende der 90er Jahre setzte eine Welle von Änderungen der Landeshochschulgesetze (LHG) ein, die bis heute anhält. Ausgelöst wurde sie durch die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) im Jahr 1998. Ein wichtiges Ziel der neuen Rahmengesetzgebung bestand darin, durch Deregulierung, Leistungsorientierung und Schaffung von Anreizsystemen die Differenzierung und internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hochschulen zu stärken. Kernstück bildet die Umstellung der Finanzierung auf ein System, in dem die staatliche Mittelzuweisung in Abhängigkeit von der erbrachten Leistung erfolgt (§5). Nach Vorstellung des zuständigen Ministeriums (bmb+f) soll dieser Grundsatz auch für die interne Ressourcenverteilung Gültigkeit besitzen. Mit der 98er HRG-Novellierung ist ein Großteil der bisherigen Vorschriften zur Organisation und Verwaltung der Hochschulen entfallen. Das Zusammenwirken von Land und Hochschule wurde weitestgehend in die Zuständigkeit der Länder verlagert. Dem entsprechend gibt es auch keine konkreten Aussagen zu Steuerungsinstrumenten und -verfahren. Es wurde jedoch festgelegt, dass die Entscheidung über die von den Hochschulen zu erfüllenden Aufgaben beim Land liegt (§2,9). In 14 Bundesländern (außer Bayern und Berlin) werden Zielvereinbarungen als Mittel zur Hochschulsteuerung verwendet.

Aus gleichstellungspolitischer Sicht besteht die neue Qualität insbesondere darin, dass die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und die Beseitigung bestehender Nachteile zur Aufgabe der Hochschulen erklärt wurde (§3). Die Aufgabenerfüllung ist – ebenso wie die Arbeit in Forschung und Lehre und bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses – regelmäßig einer öffentlich zugänglichen Bewertung zu unterziehen (§6). Fortschritte bei der Erfüllung des Gleichstellungsauftrages sind künftig von Relevanz für die Mittelzuweisung. Sie werden explizit als Orientierungsgröße für die staatliche Finanzierung benannt (§5, Satz 2).

2. Synopse gesetzlicher Regelungen der Länder (Stand Januar 2005)

Mit Ausnahme von Bayern, dessen LHG von 1998 nach wie vor in Kraft ist, haben alle Bundesländer inzwischen ihre Hochschulgesetzgebung erneuert, sei es in Form von (zum Teil mehrfachen) Überarbeitungen oder in Form der kompletten Neufassung. Die gesetzlichen Grundlagen für die Vereinbarung von Zielvereinbarungen wurden in vier Ländern 1999 erlassen (HB, SL, SN, TH – z. Z. i. d. F. vom April 2003), in fünf Ländern im Jahr 2000 (BW, BB, HE, NW, SH). Hamburg verabschiedete 2001 ein neues LHG, das aktuell in modernisierter Fassung vom Mai 2003 gilt. Zwei Länder verabschiedeten 2002 neue gesetzliche Regelungen (NS, MV); ebenfalls zwei gingen diesen Schritt im Jahr 2003 (BE, RP). Als vorerst letztes Land folgte 2004 Sachsen-Anhalt. In allen Ländern außer im Saarland regelt ein Landeshochschulgesetz den Hochschulbereich in Gänze. (Im Saarland gibt es ein Universitäts-, ein Fachhochschul- und ein Musikhochschulgesetz.)

In Bayern hat die CSU-Fraktion des Landtages im September 2004 Eckpunkte für die Novellierung des Bayerischen Hochschulgesetzes formuliert, die in dieser Synopse noch nicht berücksichtigt werden, in die Datenbank aber bereits aufgenommen sind.

Um das Bild der Gesetzgebungsverfahren abzurunden wurden ergänzend auch nicht verwirklichte Gesetzentwürfe – z. B. eingebracht von Oppositionsparteien – in die Auswertung einbezogen. Für Berlin betrifft das erstens den noch unter der CDU/SPD-Koalition vorgelegten (später zurückgezogenen) Referentenentwurf aus dem Jahr 2000 und einen im Auftrag der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus 2001 erarbeiteten Entwurf. In Sachsen-Anhalt legte die SPD-Fraktion 2004 einen Gegenvorschlag zu dem von der CDU/FDP-Koalition getragenen LHG vor.

Regelungen zu Zielvereinbarungen finden sich derzeit in 14 LHG. Keine Aussagen werden in folgenden Ländern getroffen:

Mit Ausnahme von zwei LHG (HE, ST) finden Zielvereinbarungen und leistungsorientierte Mittelverteilung gleichermaßen als Steuerungsinstrumente Berücksichtigung. In Hessen und Sachsen-Anhalt stellt die Mittelverteilung einen Bestandteil von Zielvereinbarungen dar. Im saarländischen Fachhochschulgesetz ist die leistungsorientierte Mittelvergabe auf die hochschulinterne Ebene beschränkt.

In Umkehrung der Reformdiskussion, die sich anfangs durch eine deutliche Fokussierung finanzieller Fragen (Flexibilisierung der Hochschulhaushalte, Globalhaushalte, Budgetierung u. ä.) auszeichnete, scheint sich der Schwerpunkt in Richtung der inhaltlichen Steuerung über Zielvereinbarungen verschoben zu haben. Dafür spricht, dass letztere häufiger und an herausgehobener Stelle in den LHG Erwähnung finden, obwohl das HRG keine entsprechenden Vorgaben enthält.

Eine Mehrheit von neun Ländern hat sich für eine relativ verbindliche Festlegung des Abschlusses von Zielvereinbarungen entschieden. In vier Fällen handelt es sich um Kann- bzw. Soll-Bestimmungen (BB, RP, TH bzw. NW). Saarland nimmt insofern eine Sonderstellung ein als Zielvereinbarungen im Universitätsgesetz festgeschrieben sind, im Fachhochschul- und im Musikhochschulgesetz auch nach der Überarbeitung von 2004 noch Kann-Bestimmungen gelten. Sachsen geht einen anderen Weg, weil Zielvereinbarungen hier nur im Rahmen der befristeten Erprobung von Wettbewerbs- und Budgetierungsmodellen an einzelnen Hochschulen vorgesehen sind.

Unterschiedlich wird hinsichtlich der Kompetenzzuweisung verfahren. Am häufigsten sind eher auf eine gleichberechtigte Position von Ministerium und Hochschule zielende Formulierungen zu finden (HB, HH, NW, SL, SN, ST, SH). In vier Ländern liegt die Hauptverantwortung für den Abschluss beim Ministerium (BB, HE, NS, RP). Zwei Länder haben den Hochschulen die Entscheidung übertragen, ob sie Zielvereinbarungen abschließen wollen (MV, TH).

9 Länder legen gesetzlich fest, wer auf Hochschulseite für den Abschluss verantwortlich ist, welche Gremien Beratungsfunktion ausüben, wer informiert und wessen Zustimmung eingeholt werden muss (BW, HH, HE, NS, NW, SL, SN, ST, SH). Lediglich in einem Land (SH) geht aus dem Gesetz eindeutig hervor, dass der Gleichstellungsbeauftragten ein Mitspracherecht einzuräumen ist. Ansonsten kann das höchstens indirekt aus der allgemeinen Beschreibung ihres Aufgabenfeldes geschlossen werden.

In vier Ländern sieht das LHG teilweise analoge Verfahren für die interne Steuerung vor, wobei die Zuständigkeit beim Rektor/Rektorat (HB/NW), beim Präsidium (HE) oder bei der Hochschulleitung (MV) liegt.

Hinsichtlich von Aussagen zu den Vereinbarungsgegenständen ist zwischen LHG mit der Beschränkung auf allgemeine Aussagen (BW, BB, HB, HH, MV, RP, SN) und solchen mit zusätzlicher inhaltlicher Untersetzung (HE, NS, NW, SL, ST, SH, TH) zu unterscheiden. In der Regel wird als allgemeine Bezugsgröße sowohl die Erfüllung der (staatlichen) Aufgaben durch die Hochschule (synonym strategische Ziele, erbrachte Leistungen u. ä.) als auch die staatliche Finanzierung herangezogen. In drei Ländern findet die Mittelbereitstellung/der Finanzrahmen/die Globalzuweisung u. ä. in diesem Zusammenhang keine Erwähnung (BB, RP, TH). In Hamburg sollen über die ziel- und Leistungsvereinbarungen auch "die Verfahren für die Festlegung des Zielerreichungsgrades und die sich aus dem Zielerreichungsgrad ergebenden Konsequenzen" geregelt werden. In zwei Ländern werden die in Zielvereinbarungen einzubeziehenden Aufgabenbereiche begrenzt:

Im Fall der Nennung spezieller Vereinbarungsgegenstände zeichnet sich eine breite Palette ab. Häufig anzutreffen sind Schwerpunktsetzung und Qualitätserhöhung in Lehre und Forschung (einschließlich Evaluation und Berichterstattung), Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Internationalisierung und Studiengangsentwicklung. Daneben wird auf die Verringerung von Studienzeit und Studienabbruch, Fernstudienangebote, den Ausbau von Hochschulkooperation oder effizientere Leitungs- und Verwaltungsstrukturen orientiert. In Hessen und Sachsen-Anhalt sind die Einrichtung und Schließung von Studiengängen Gegenstand von Zielvereinbarungen. Ansonsten bedarf es in Hessen einer gesonderten Genehmigung des Ministeriums. In Sachsen-Anhalt wird dem Ministerium diesbezüglich das Recht eingeräumt, ggf. eigenverantwortlich zu entscheiden, und zwar "in besonderen Fällen oder wenn Zielvereinbarungen nicht zustande kommen". Ein weiteres sachsen-anhaltisches Spezifikum besteht darin, dass die Grundsätze und Verfahrensweisen der staatlichen Mittelzuweisung und die Umsetzung einer entsprechenden internen Mittelverwendung über Zielvereinbarungen zu regeln sind. Des Weiteren können Sonderregelungen zur Berufung eines/r Juniorprofessors/-professorin auf eine (unbefristete) Professur – ohne Ausschreibung, mit Zustimmung des Ministeriums – im Rahmen von Zielvereinbarungen oder Ergänzungsvereinbarungen getroffen werden.

Nur in fünf Ländern findet die Erfüllung des Gleichstellungsauftrages bzw. die Förderung von Frauen gesondert Erwähnung (BB, HE, NS, ST, SH). Hier macht sich bemerkbar, dass das HRG keine Vorgaben zu Zielvereinbarungen enthält. Anders sieht das bei der leistungsorientierten Mittelverteilung aus, was sich in einer (meist wörtlichen) Übernahme der entsprechenden Passage zur Gleichstellung in alle LHG niedergeschlagen hat. Anzumerken ist im gleichstellungspolitischen Kontext, dass drei Länder Gender Mainstreaming in ihrem LHG unter der Überschrift „Allgemeine Bestimmungen" verankert haben: „Bei allen Vorschlägen und Entscheidungen sind die geschlechtsspezifischen Auswirkungen zu beachten (Gender Mainstreaming)."(NW und RP) und "In Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung sowie bei der Gestaltung der Arbeitsabläufe in den genannten Bereichen werden unterschiedliche Lebenswirklichkeiten und Interessen von Frauen und Männern berücksichtigt." (ST).

Im Vergleich der Bundesländer fallen einige Besonderheiten ins Auge:

3. Zum Aufbau der Dokumentation

Nachfolgend werden die in den geltenden Landeshochschulgesetzen bzw. in vorliegenden Gesetzesentwürfen enthaltenen Regelungen zu Zielvereinbarungen in der Gliederung nach Bundesländern dokumentiert. Die Informationen stehen als einzelne Dateien – alphabetisch geordnet – zur Verfügung und können über die Navigationsleiste links aufgerufen werden.

Der inhaltlichen Auswertung liegt folgendes Raster zu Grunde: Ausgehend von generellen Regelungen zu Zielvereinbarungen werden in der Reihenfolge der Paragraphen spezielle Gegenstände von Zielvereinbarungen sowie die Zuständigkeiten und Berichtspflichten herausgestellt. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass sich in allen zitierten Gesetzestexten grundsätzlich Regelungen bezüglich des Rede- und Antragsrechtes von Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten finden. Deren Mitwirkung an Zielvereinbarungen wird deshalb nur dort erwähnt, wo ein Zusammenwirken zwischen dem für den Abschluss der Zielvereinbarungen zuständigen Hochschulorgan und der Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten explizit betont wird. Abschließend werden in der Rubrik Begründung – so weit vorliegend – entsprechende Textpassagen aus Pressemitteilungen oder Parlamentsdrucksachen zitiert.

Alle Gesetze und Entwürfe können in Gänze über die in der Tabelle Quellen ausgewiesenen Internet-Links abgerufen werden. Die offiziellen Begründungen sind nur dann als Link vermerkt, wenn sie als Drucksache in der jeweiligen Parlamentsdatenbank verfügbar sind.


Autorin und Autor dieses Sachstandsberichtes sind bemüht, die Entwicklung in Deutschland möglichst genau zu verfolgen. Trotz größter Sorgfalt ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Zusammenstellung Fehler enthält oder nicht vollständig ist. Wir übernehmen deshalb keine Gewähr für Inhalte oder die Inhalte der von uns zitierten Internetseiten. Wir freuen uns über Hinweise, die zur Verbesserung dieser Zusammenstellung beitragen.


Stand: Februar 2005 * Aktualisiert: 15.03.2005
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