Rebellion im Plattenbau: Die Offene Arbeit in Halle-Neustadt 1977-1983. Katalog zur Ausstellung

Die sozialistische Chemiearbeiterstadt Halle-Neustadt war ein Prestigeprojekt der DDR-Staatsführung. Ein bisher kaum bekanntes Kapitel dieses heutigen Stadtteils ist die „Offene Arbeit“ (OA) in der evangelischen Kirchengemeinde Halle-Neustadt von 1977 bis 1983. Es ist im Stadtgedächtnis faktisch nicht vorhanden. Daran sollen die Ausstellung, die erstmals im Juni / Juli 2013 im Evangelischen Gemeindezentrum Halle-Neustadt (Passendorf) gezeigt wird, und der hier vorgelegte Katalog zur Ausstellung etwas ändern.

Die Ausstellung hat zwei Anlässe: 2014 wird es 50 Jahre her sein, dass der Grundstein für den Aufbau Halle-Neustadts gelegt wurde. 2013 ist es 30 Jahre her, dass die Offenen Arbeit zerschlagen wurde.

Die Offene Arbeit wollte im Schutzraum der Kirche junge Menschen befähigen, selbstständig Entscheidungen zu treffen und aktiv ihre Umwelt mitzugestalten. Die rasch wachsende Gemeinschaft schaffte sich einen bislang ungekannten Freiraum: für Diskussionen und Erlebnisse jenseits der engen Grenzen staatlich verordneter Angebote zur Jugendbetreuung, unabhängig von Konfession und politischer Einstellung. Alltagskonflikte in Schule, Lehrausbildung und den Familien waren häufig politisiert. Sie konnten in der Gemeinschaft diskutiert und verarbeitet werden. Halle-Neustadt erwies sich als ein besonderer Resonanzboden für diese Art der selbstverantworteten Jugendarbeit.

Ab 1978 zogen die „Werkstattage“ genannten Großveranstaltungen auf dem Gelände der Passendorfer Kirche junge Menschen aus der gesamten DDR an: ihr eigenes kleines ‚Woodstock‘. Das Experiment erregte zunächst Aufsehen. Dann entwickelte es sich zu einer Zerreißprobe für die Kirchengemeinde. Es endete vor 30 Jahren mit der Verhaftung und Verurteilung des Jugenddiakons. Die Basis der OA zog sich in die Altstadt Halles zurück – mehr denn je bestärkt, etwas zu verändern.

Wie es im Verlauf der wenigen Jahre dazu kam, zeigen die Ausstellung und der Katalog:

  • Was war die Offene Arbeit in Halle-Neustadt?
  • Mit welchen politischen Schwierigkeiten wurde sie im Verlauf ihrer
  • Existenz konfrontiert?
  • Wie reagierte der Staatsapparat auf die Irritation seiner hoheitlich
  • gesicherten Gesellschaftsbeschreibung?
  • Unter welche Zugzwänge wurde die Kirche in der Diktatur gesetzt,
  • und wie reagierte sie?
  • Welches persönliche Engagement stand hinter der Offenen Arbeit?
  • Wie verlief das Experiment, und wie endete es?
  • Welche Nachwirkungen hatte die OA Halle-Neustadt?

Die Ausstellung und der Katalog entstanden in Kooperation eines wissenschaftlichen Teams vom Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit einer Zeitzeugen-Gruppe der früheren OA und dem damaligen Jugenddiakon Lothar Rochau. Die evangelische Kirchengemeinde Halle-Neustadt leistete freundliche Unterstützung und ist für vier Wochen Gastgeberin der Ausstellungspremiere.

Zitation

Sebastian Bonk / Florian Key / Peer Pasternack (Hrsg.) (2013): Rebellion im Plattenbau. Die Offene Arbeit in Halle-Neustadt 1977–1983. Katalog zur Ausstellung, Institut für Hochschulforschung (HoF), Halle-Wittenberg, 50 S.

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