Nach 204 Jahren endlich online: www.uni-wittenberg.de

Seit es das Internet gibt, hat je­de Institution, die etwas auf sich hält, eine eigene Web­site. Wer keine hat, ex­i­s­tiert in der allgemeinen öf­fent­li­chen Wahrnehmung im Grunde nicht – bzw. hat nicht existiert. Die Uni­­versität Wittenberg gibt es seit 1817 nicht mehr, und folglich gab es sie bis­her vir­tuell nicht. Das mar­­gi­na­lisierte sie, trotz ihrer historischen Bedeu­tung, im kul­turellen Ge­dächt­nis. Um dem ab­zu­helfen, wur­de die Leu­co­rea nun on­line gebracht.

Die Wittenberger Universität Leurorea war 1502 gegründet und 1817 qua Vereini­gung mit der Universität Halle (gegr. 1694) auf­ge­ho­ben worden. In den Jahren ihrer Exis­tenz hat­te sie ein bewegtes Le­ben ab­solviert. Im 16. Jahr­hun­dert war die Leucorea zeitweise die am mei­s­ten fre­quen­tierte deut­sche Uni­versität, und im 17. und 18. Jahr­hun­­dert durch­­leb­te sie Erfolgs- wie Ab­schwung­phasen. Um die Jahr­hun­dert­­wen­de 1800 be­fand sie sich wie­der auf ei­nem Weg der in­ne­ren und äußeren Kon­so­lidierung. Infolge der na­po­le­o­ni­schen Beset­zung Wittenbergs stellte die Uni­ver­­­­­si­tät ihren Be­trieb 1813 faktisch ein. Die Ver­­­­­­­­eini­gung mit Hal­le 1817 ließ die Leucorea dann zu einem Teil des so­ge­nann­ten gro­ßen Uni­ver­sitätssterbens um 1800 wer­den: 15 der 42 deutschen Universitäten sind zwischen 1792 und 1818 untergegangen.

Die Website ist ähnlich aufgebaut, wie es die Online-Präsenzen heu­­te bestehen­der Universitäten sind. Es wird mithin die Situation simu­liert, als hätte es 1817 be­reits das Internet gegeben. Dabei kann nun aber auf die inzwischen reichhaltigen Bemühungen zurückgegriffen werden, his­to­­­ri­sche Quellen und historio­grafische Li­teratur digital verfügbar zu machen: Für diese, soweit sie die Leucorea betreffen, ist die Web­site als Knoten­punkt konzipiert, der zu den digitalisierten Beständen hin­­­führt. Insgesamt führt die Web­si­te zu über 850 Volltextda­teien: di­gi­ta­li­sier­ten Origi­nal­quellen, For­schungs­­li­te­ratur und populären Darstellungen. Anhand die­ser kön­nen die 300 Jah­re Universitätsent­wick­lung vertieft werden (und zudem die reichlich 200 Jahre nach der Universi­tät: prä­sentiert wird auch, was nach 1817 im Bereich von Wissenschaft und Hö­he­rer Bil­dung in Wittenberg stattge­funden hat und heute dort stattfindet). Auch zu 37 Einzelbeständen in Archiven – diese häufig bereits gleichfalls digitalisiert – wird verlinkt.

Auf der Eingangsseite begrüßt ein laufender Newsfeed die Userin und den User. Ge­­kop­pelt an den jeweils aktuellen Monat wer­den so Daten und Ereignisse aus der Uni­versitätsgeschichte erinnert. Eine Zeittafel fasst die zentralen Ereignisse von 1502 bis 1817 zusammen. Mehrere Gesamtdarstellungen zur Universitätsgeschichte werden bereitgestellt, ebenso die komplet­te Wittenberger Matrikel als Digitalisate des Originals und einer Veröffentlichung. Dokumente und Forschungsliteratur zur Universitätsgeschichte finden sich nachgewiesen, auch die­se zum großen Teil volltextdigitalisiert. Zu den vier Fakultäten – Artistische/Philo­so­phi­sche, The­ologische, Juristische und Medizinische – werden jeweils bedeutende Hoch­schullehrer mit ihren Hauptwerken vorgestellt und ein Überblick zur For­schungs­literatur gegeben. Erstmals erarbeitet wurde für die Website eine umfassende Darstellung zur Überlieferungs­situation der Wittenberger Quellen und Universitätsbibliotheks­bestände.

Mit der Website wurde der Wittenberger Universität nunmehr ein Online-Nach­le­ben organisiert, das typische Informationen über eine Universität, Web-Res­sour­cen und eigens erstellte Digitalisate bündelt. So konnte mit einiger Verspä­tung dem misslichen Umstand abgeholfen werden, dass die Leucorea aus der Perspek­tive des Internetzeitalters 180 Jahre zu früh aufgehoben worden war.

Zur Webseite: https://www.uni-wittenberg.de